Ein Gastbeitrag von Torsten

 

Die Geschichte von Ben fängt natürlich dort an, wo alles anfängt – mit der Schwangerschaft. Allerdings war „unsere“ Schwangerschaft herrlich komplikationsfrei, daher werde ich nur kurz auf sie eingehen.

Der Grund für diese unkomplizierte Schwangerschaft lag sicherlich auch in der hervorragenden Diszipliniertheit meiner Frau – kompromisslos verzichtete sie auf sämtliche Sünden, achtete auf eine ausgewogene Ernährung und entsagte dem Alkohol komplett. Rauchen war bei uns sowie so kein Thema. Das war für mich eine gute Zeit, denn die ewige Frage auf einer Party stellte sich nun nicht mehr, ich hatte eine Dauerfahrerin und ich nahm das Angebot dankend an. Während ich froh war, dass die überzeichneten Bilder, die ich aus Film und Fernsehen über Schwangerschaften kannte, in ihrer negativen Ausprägung nicht eintraten, erwischte ich mich dabei, ab und zu fast schon enttäuscht zu sein, dass es keine nächtlichen Aufträge zum Einkaufen von Gewürzgurken gab. Unsere Schwangerschaft war frei von den absoluten Stimmungsschwankungen, aber auch vom Heißhunger. Sicherlich, wir haben mehr gegessen als vorher. Dummerweise stimmte in diesem Fall, was ich über Schwangerschaften gelesen habe – der Mann ist mitschwanger. Würde ich über die Schwangerschaft eine Rechnung schreiben, so würde die Inaktivität und die zum Ende hin mehr werdende Völlerei wohl zu den negativen Punkten zählen. Über die Zeit wurde die Schwangerschaft nicht nur bei meiner Frau, sondern auch bei mir sichtbar. In einem Fokusbeitrag werde ich über das Gewichtsthema näher eingehen.

Auf der anderen Seite war die Schwangerschaft mit der Vorfreude erfüllt, durchwachsen nur von der teilweisen Ungläubigkeit, dass das alles wahr ist. Der Nestbau fing an, wir waren vermehrt in diversen Babymärkten und kauften sinnvolle und vielleicht auch sinnlose Utensilien. Das Kinderzimmer wurde renoviert und füllte sich langsam, ein Kinderbett, eine Wickelkommode und ein Schrank voller Kleidung. Babykleidung. Winzige, kleine Söckchen, ein knuffiger Strampler mit einem süßen Figürchen aufgedruckt. Dieses Gefühl des Elternglückes aufsaugend und wahrnehmend. Trotzdem – in diesem Zimmer sollte bald mein Sohn spielen? An dieser Kommode die Stinkewindeln gewechselt werden? Das schien noch so fern, so unwirklich. Aber das Glühen der Elternfreude hatte uns erfasst.

Angefangen hatte alles mit dem zaghaften Andeuten eines zweiten Striches auf einem Schwangerschaftstest. Einem gewöhnlichen Test, wie er überall erhältlich ist und dessen Aufgabe es ist, ein oder zwei Striche anzuzeigen – dennoch hat er uns zu den glücklichsten Menschen gemacht (daher hier ein Danke nochmal an alle Schwangerschaftstests dort draußen, deren Bedeutung viel zu wenig Wert beigemessen wird – Danke, eurer wird erinnert!). Es war ein Wunschkind, ein geplantes Kind und trotzdem, die Freude war unbeschreiblich.

Die ersten sichtbaren Bilder unseres Kindes – bizarr und fremd schienen mir die Fotos, doch machten sie mich ob ihrer Bedeutung glücklich. Und letztendlich der Termin beim Frauenarzt, als „das dritte Bein“ deutlich sichtbar war und ich wusste, dass es ein Sohn wird. Ein Sohn. Ein Stammhalter, ein kleiner Fußballstar, ein dreister Bursche und ein Lümmel. Der Stolz schwappte in mir über.

Während der Schwangerschaft plagte mich nur ein Zweifel – wie bereite ich mich auf die Schwangerschaft vor? Was muss ich machen, wie muss ich es machen, was sind meine Aufgaben? Mach ich genug? Soll ich mehr machen? Was?!

Ich bekomme mit, dass meine Frau sich akribisch auf Ben vorbereitet, sich informiert und schon so reif in Sachen Baby scheint. Zweifel machen sich breit, ob ich dem gewachsen bin. Mein Beruf nimmt mich in Beschlag, ich war unter der Woche komplett beim Kunden, während dieser Zeit kam ich nicht dazu, mich über die nahende Elternschaft zu informieren und so kam es mir manchmal vor, als ob ich mich in einem Zeitraffer befand. Die Zeit spulte unheimlich schnell ab und ich bin kaum vorbereitet. Während der Zugfahrten fange ich an, ein Buch über das Vaterwerden zu lesen. Ein Satz beruhigte mich dort, der in etwa lautete: „Lassen sie sich nicht von anderen beirren, hören sie nicht auf gut gemeinte Ratschläge, sondern auf ihre innere Stimme. Sie werden intuitiv ein guter Vater sein“.  Intuitiv. Das klang gut. Außerdem bin ich Herausforderungen gewohnt und kann schließlich auch komplexeste Verwirrungen entwirren, was sollte mich schon aus der Bahn werfen. Oder?
Der Zeitraffer lief weiter und ich fühlte mich unendlich unsicher, was auf mich zukommt und ob ich dem Gewachsen war. Nicht bemerkend, dass das Kinderzimmer bereit war, der Kleiderschrank für die ersten Monate gefüllt, die Wickelkommode mit Windeln gefüllt. Wir waren so gut vorbereitet, wir wussten es nur nicht.

Dann kam das Ende der Schwangerschaft und mit ihm die ersten Beschwerden. Der Wassereinschuss, der meiner Frau nun doch zusetzte. Ich bemerkte, wie sie sich immer unwohler in ihrer Haut fühlte, sie machte teilweise einen unglücklichen Eindruck. Jede Möglichkeit, die sich mir ergab, nahm ich dankend wie ein bettelnder Hund nach seinem Bällchen an, meiner Frau kleine Gefallen zu tun und die Schwangerschaft zu erleichtern. Sie war so hübsch, so toll und so vollkommen, doch ich merkte, dass sie meinen Worten keinen Glauben schenkte. Der geplante Geburtstermin kam ohne Ben. Jeder Tag, der verstrich, schien meine Frau trauriger zu machen. Nach einer Woche über Termin liefen wir gemeinsam Treppen auf und ab, gingen viel spazieren und hofften, dass unser Ben endlich kam. Angst, Frust und Vorfreude waren nun ständige Begleiter. Und trotzdem – noch konnten wir es nicht wahr haben, dass wir bald Eltern wurden.

Dann kam Mittwoch, der 13.03.2013, ein sonniger, warmer Tag, der unser Leben verändern sollte…

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